Ehepaar auf Abwegen, 48. Teil
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Heute (Montag, 18. September 2023)
… Ich habe letzten Donnerstag meine Ausführungen zum Thema ‚Fremdschwängerung in der Ehe‘ nicht ganz zu Ende gebracht. Meine Frau hat mich zum Sex abkommandiert und dem habe ich natürlich gerne Folge geleistet. Außerdem wäre der 47. Teil unserer Geschichte ohnehin zu lang geworden.
… Ich habe schon geschrieben, dass ich bei meinen Recherchen alles bestätigt gefunden habe, was die Psychologin Clara Millstedt uns beigebracht hat. Eine ganz große Mehrheit der Männer, die in einer ehelichen Beziehung leben, erwarten absolut, dass jeglicher Náchwuchs, der in ihrer Ehe entsteht, ihre Gene trägt, und unsere Gesellschaft geht mit ihren Rechtsnormen natürlich davon aus. Darüber besteht Konsens.
… Ich habe auch geschrieben, was geschieht, wenn ein Ehemann entdeckt, dass ein von seiner Frau als gemeinsam ausgegebenes Kijnd ein Kuckucksei ist. Dabei ist unerheblich, ob die Ehefrau darauf vertraut hat, dass das Kiind vom Ehemann war, oder darüber im Zweifel war, oder das Gegenteil sogar genau wusste. Wenn sie darüber mit ihrem Mann nicht geredet hat, werden die soziopsychologischen Folgen unausweichlich sein und für sie werden Trennung vom Ehemann und vielleicht sogar Entfremdung von den Kinndern die Folge sein.
… Auch juristisch ist die Sachlage klar: Sobald außerehelicher Sex bei der Zeugung im Spiel sein kann, muss eine Ehefrau ihren Mann davon in Kenntnis setzen. Wenn sie das nicht tut, gilt das als schwerwiegende Eheverfehlung. Eine Scheidung ist dann ohne Trennungsjahr möglich. Außerdem können mögliche Schadenersatzforderungen des Ehemanns schlagend werden, sogar die Straftat ‚Betrug‘ kann im Raum stehen.
… Die rege Diskussion bei meinen Vorträgen zeigt, welch großes Interesse diesem Thema entgegengebracht wird. Auch werde ich immer wieder gefragt, wie ein Mann mit seiner inneren Konditionierung umgeht, wenn er eine Beziehung mit einer Frau eingeht, die eine diesbezügliche Vorgeschichte hat, wenn sie beispielsweise schwanger von einem anderen Mann ist oder geschieden ist und Kjinder mitbringt.
… Ich erkläre dann immer, dass solche Fälle für den Mann viel unkritischer sind als eine außereheliche Schwängerung. Der Mann hat, bevor er die Beziehung eingeht, genügend Zeit, sich klarzuwerden, ob er Zeit, Mühe und Plage in die Aufzucht der Kiinder seiner künftigen Frau investieren will. Es wird ihm nichts untergeschoben, er trifft seine Entscheidung ganz bewusst und das ist der wesentliche Punkt. Seine soziokulturelle Konditionierung wird ihm die Entscheidung auch leichter machen, weil er für solche Kiinder meist nicht die letztendliche Verantwortung trägt, wenn es dafür den leiblichen Váter gibt.
… Das kann aber auch lästig sein, wenn dieser sich zu oft in das Familienleben mischt, weil er entsprechende Sorgerechte hat. Das könnte nur durch eine Adoption verhindert werden, aber dann geht die rechtliche Verantwortung auf den Ziehváter als neuen Váter über.
… Manchmal sitzen Frauen in meinem Publikum, die merkwürdige Ansichten von sich geben, sicherlich gespeist von einem feministischen Hintergrund. „Eine Frau hat das Recht“, so höre ich, „sich schwängern zu lassen, von wem immer sie es will, unabhängig davon, ob sie ihren Partner liebt.“
… Ich lasse diese Aussage gerne kollidieren mit der überwältigenden Mehrheit der anderen Zuhörer, die das nicht so sieht. Und natürlich hat diese Mehrheit Recht.
… Es kann durchaus sein, dass die Diskussion hitzig wird, dann greife ich ein. „Jede Frau hat jedes Recht, über ihren Körper zu verfügen, selbstverständlich“, fasse ich in so einem Fall zusammen, „aber gleichzeitig gibt es das Eherecht. Falls die Frau verheiratet ist, hat sie mit ihrem Mann im Standesamt eine Vereinbarung geschlossen, die vorsieht, dass die Kijnder, die in dieser Ehe entstehen, auch wirklich ehelich gezeugt worden sind, das heißt, die Vereinigung der Gene beider Ehepartner in sich tragen. Und dieses Eherecht steht über dem Recht der Frau über ihren Körper, das ist klarer gesellschaftlicher Konsens. Sonst würde nämlich eine Fremdschwängerung rechtlich nicht als schwere Eheverfehlung gelten.
… Das Eheversprechen beinhaltet Treue in guten wie in schlechten Tagen. Das bedeutet einerseits sexuelle Treue, andererseits gegenseitige Loyalität, was bei allen wesentlichen Lebensentscheidungen eine gemeinsam getragene Vorgehensweise notwendig macht. Ein Kjnd zu bekommen, schon gar ein fremdgezeugtes, gehört sicher zu dieser Gruppe. Wenn eine Ehefrau eine solche Situation ganz bewusst herbeiführt und das allein entscheidet, verletzt sie die Rechte ihres Mannes massiv. Und nicht nur die, sie zerstört eigentlich alles, was ihre Beziehung liebevoll und wertvoll macht. Es ist so ziemlich das Schlimmste, was eine Ehefrau ihrem Mann antun kann. Die Frage, ob sie ihren Ehepartner liebt, stellt sich damit eigentlich gar nicht.“
… Meist genügt das, um diese Diskussion zu beenden, aber es kommt schon vor, dass nochmals nachgefasst wird: „Ja, aber doch nur dann, wenn der Ehemann das mitbekommt.“
… Wenn jemand in solcher oder ähnlicher Weise Fragen stellt oder sich äußert, beobachte ich die Reaktion des Publikums ganz genau. Fast immer ist es nicht auf der Seite der Fragestellerin, was durchaus logisch ist, denn die meisten Menschen haben diesbezüglich doch ein ‚normales‘ Moral- und Rechtsempfinden. Gerne bitte ich dann die betreffende Dame zu mir nach vorne und spiele den leicht Verwirrten, denn damit locke ich sie aus der Reserve.
… „Darf ich zu meinem Verständnis nochmals um Klarstellung bitten? Eine Frau lässt sich bewusst darauf ein, sich schwängern zu lassen, während sie außerehelichen Sex hat, beziehungsweise führt eine solche Situation gezielt herbei. Sie wird schwanger und verschweigt ihrem Mann die Herkunft. Er ahnt das also nicht. Ist die Herleitung dessen, was Sie meinen, bis hierher korrekt?“
… „Äh, ja, soweit richtig“, höre ich die Antwort, schon etwas leiser. Das Publikum ist hier mäuschenstill, denn das Thema ist für alle spannend, so wie ich jetzt pointiere. Ein kleíner Voyeur schlummert schließlich in jedem von uns.
… „Zunächst einmal, warum sollte eine Ehefrau das überhaupt tun, wenn sie sich in einer intakten Ehe befindet, in der sich die beiden Partner mit Liebe und Respekt begegnen? Würden Sie persönlich Ihren Mann auf diese Weise brüskieren?“
… „Nein, ich nicht“, wird meine Gesprächspartnerin verlegen, „aber ganz allgemein, meine ich. Die Ehefrau könnte doch einen Mann treffen, der sie fasziniert und zu dessen genetischer Ausstattung sie sich mehr hingezogen fühlt als zu der ihres Mannes. Sie haben doch selbst ausgeführt, dass Frauen danach auswählen. Außerdem könnte es doch sein, dass der Ehemann keine Kiinder zeugen kann oder dass er genetische Defizite hat, die nicht weitervererbt werden sollten.“
… „Naja, dann will ich ganz allgemein darauf antworten“, pflege ich darauf schmunzelnd zu sagen, „es kann immer und zu jeder Zeit vorkommen, dass eine Ehefrau einen attraktiven Mann kennenlernt, dem es gelingt, ihre Hemmschwelle zu verringern, genauso wie es den umgekehrten Fall gibt. Möglicherweise kommt der Ehefrau auch der Gedanke, mit diesem Mann Náchwuchs haben zu wollen. Andererseits hat sie sich jemanden als Ehemann ausgesucht und geheiratet, mit dem sie genetisch zufrieden ist. Phantasien mag sie verschiedene haben, aber sie wird sie normalerweise nicht in die Tat umsetzen, sie wird zu ihrem Ehemann stehen, den sie liebt. Ich habe ja erläutert, wie groß die Gefahr ist, dass der Ehemann irgendwann einmal dahinterkommt, und wie hoch das Risiko für die Ehe ist. Warum sollte eine Ehefrau dieses Risiko eingehen, von ihrer emotionalen Belastung ganz zu schweigen? Eine Frau, die das trotzdem tut, lebt entweder in einer bereits zerrütteten Ehe oder sie liebt ihren Mann nicht, will ihm vielleicht sogar etwas auswischen. Oder aber sie hat, wenn beides nicht zutrifft, einen psychischen Schaden.
… Über den zweiten Punkt, den Sie anmerken, meine Dame, haben wir ebenfalls bereits gesprochen. Medizinische Gründe liegen vor, wenn der Ehemann seine Gene nicht weitergeben kann oder soll. Das ändert aber nichts am grundsätzlichen Tatbestand. Auch eine in einem solchen Fall einseitig von der Ehefrau herbeigeführte heimliche außereheliche Befruchtung ist genauso verwerflich wie wir das eben besprochen haben. Jegliche Heimlichtuerei ist auch vollkommen sinnlos, denn gerade bei einem medizinischen Problem sollte man eigentlich offen über die Erfüllung eines Kijnderwunsches sprechen können und spätestens mit Beginn einer Schwangerschaft ist es mit der Heimlichkeit ohnehin vorbei.“
… Ich blicke meine Gesprächspartnerin an und beende meinen Diskurs: „Ein medizinischer Grund ändert also nichts daran, dass es eine schwere Eheverfehlung und eine Brüskierung des Ehepartners ist. Dabei gäbe es genügend Möglichkeiten, ein medizinisches Problem gemeinsam zu lösen, ganz ohne außereheliche Zeugung.“
„Wenn ich aber meinem Mann gleich nach der Fremdschwängerung reinen Wein einschenke?“
… „Dann spielen Sie mit offenen Karten und zeigen zumindest ein Mindestmaß an Fairness gegenüber dem Mann, den Sie eigentlich aus Liebe geheiratet haben. Ihr Mann weiß Bescheid und kann somit noch vor der Geburt seine Entscheidungen treffen. Ändern wird sich im Endeffekt nicht viel, möglicherweise hat die Ehe noch eine Chance, wenn die Ehefrau rechtzeitig vernünftig geworden ist, aber wenn nicht, wird eine Trennung ebenfalls unvermeidlich sein.“
… Ich lasse meine Argumente sacken, bis schließlich der Applaus einsetzt, zuerst verhalten, dann sehr laut. Fast immer ist der überwältigende Teil des Publikums auf meiner Seite. Hin und wieder teile ich noch einen Seitenhieb in Richtung derer aus, die das anders sehen.
… „Diejenigen unter Ihnen, die nach wie vor der Meinung sind, dass ein Mann das schlucken muss, wenn ihm seine Frau ein fremdgezeugtes Kiind unterschiebt, darf ich noch mit einem Gedankenspiel zum Nachdenken anregen. Stellen Sie sich den umgekehrten Fall vor. Ein Ehemann zeugt mit einer anderen Frau ein Báby und bringt das Neugeborene zu seiner eigenen Frau. ‚Das ist ab sofort dein Kiind‘, sagt er zu ihr, ‚du wirst es lieben, hegen und pflegen, betreuen und aufziehen. Stell‘ dir einfach vor, du hast es selbst geboren. Und du wirst das akzeptieren, ohne Widerrede.‘ Ich bin sicher, dass die Frau keineswegs damit einverstanden sein wird. Ich weiß, dass Sie mir sofort erwidern werden, dass es einen Unterschied dabei gibt. Die Frau wisse ja immer, dass das Kjnd nicht von ihr ist, es gebe keine Heimlichtuerei, während der Mann das umgekehrt nicht wisse. Aber das ist Unsinn, denn in den Auswirkungen sind beide Taten genauso verwerflich, die der Frau an ihrem Mann sogar noch mehr, weil sie ihm keine Entscheidungsfreiheit lässt. Der Diebstahl von Geld aus einer Brieftasche ist eine Straftat und das bleibt er auch dann, wenn das Opfer nichts davon merkt.“
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Damals (Juli 2005)
Fortsetzung, autobiographischer Inhalt
… Mittlerweile war es fast ein Uhr morgens geworden. Der ‚rote Fasan‘ war immer noch gut besucht, aber im Speiseraum saßen nur noch die Ehepaare Millstedt und Berlinghoff. Der Wein war in der letzten Stunde, als es um das Thema ‚Fremdschwängerung‘ gegangen war, nur noch spärlich geflossen und sehr konzentriert hatte man Claras Ausführungen gelauscht. Bis auf Sandra, die nüchtern geblieben war, spürten sie jedoch den Alkohol, der da und dort die Zungen schon deutlich gelockert hatte.
… Sie schwiegen nun eine Zeitlang still, die letzten Worte der Therapeutin zu Sandras Schwangerschaft mit Davids Sohn Yannik wirkten noch nach.
… Dann setzte Clara Millstedt zu einem abschließenden Satz an: „Die Analysen und Statistiken unserer Berufsorganisation vermitteln ein eindeutiges Bild. Von einzelnen Ausnahmen abgesehen hat eine Ehe nach einer Fremdschwängerung, ganz gleich, wie diese zustande gekommen ist, nur Bestand, wenn der Ehemann dies frühzeitig erfährt, und meist auch nur dann, wenn eine gute psychologische Betreuung stattgefunden hat und der Ehemann bereit ist, das fremdgezeugte Kiind aus Liebe zu seiner Frau anzunehmen. Andernfalls wird die Ehe sicher nicht zu retten sein. Trotzdem kann es vorkommen, dass der Ehemann trotz bester Vorsätze es nicht schafft, dem Kijnd ein Váter zu sein. Das bedeutet für die Ehefrau dann die Entscheidung: Kiind oder Mann. Und wenn der Ehemann erst nach der Geburt von der Fremdzeugung erfährt, wird es nur eine sehr geringe Chance für die Ehe geben. Je später dies der Fall ist und je intensiver sich eine Váter-Kjind-Beziehung schon entwickelt hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch das Kjnd wegen des großen Betrugs von seiner Mutter abwendet und sich noch enger an den Váter bindet, obwohl es nunmehr weiß, dass es nicht von diesem abstammt.“
… Nun blieben sie für eine längere Weile schweigsam, bis Burkhart schließlich meinte: „Das Thema scheint abgeschlossen zu sein. Lassen Sie uns noch für einen Drink an die Bar gehen, wenn Sie einverstanden sind.“
… Marco sah seine Frau besorgt an: „Geht’s bei dir noch, Sandra?“
… Die musste lachen: „Sicher besser als bei dir, mein Liebling. Ich bitte nur um einen Sitzplatz. Meine Beine wollen nicht mehr so recht.“
… „Selbstverständlich, meine Liebe“, beeilte sich Burkhart zu sagen, half ihr auf und führte sie zur Bar. Er sprach kurz mit dem Chef, der ihm zunickte und sich kurz mit dem Barkeeper besprach. Der führte sie nun ums Eck in eine Nische, die bisher durch einen Paravent freigehalten worden war. Ein niedriger Tisch wurde umrahmt von je zwei Lehnstühlen und Sofas. Burkhart ließ Sandra und Marco auf dem einen Platz nehmen, auf dem anderen ließen sich Clara und er nieder. Da saßen sie nun, die jeweiligen Ehepartner eng aneinandergeschmiegt.
… Der Barkeeper servierte für Sandra Mineralwasser und für die anderen spezielle Cocktails. Bevor sie den ersten Schluck trinken konnten, machte Burkhart als Ältester in der Runde plötzlich den Vorschlag, einander zu duzen, schließlich kenne und schätze man sich lange genug und der heutige Abend, der sehr gelungen wäre, würde geradezu prädestiniert dafür sein.
… Seine Frau zuckte kurz, vermutlich prüfte sie gerade vor ihrem geistigen Auge, ob das möglich und sinnvoll war, doch dann lächelte und nickte sie. Daraufhin stand Burkhart auf, ging zu Sandra und die beiden kamen nun doch noch zu einem ausgiebigen Kuss. Marco tat dasselbe mit Clara und fand Spaß daran, ihre Lippen zu schmecken. Die Küsse waren eine Spur intensiver, als schicklich gewesen wäre, der Alkohol hatte für die entsprechende Lockerheit gesorgt und Sandra gefiel es, weil sie, wie konnte es anders sein, das aufregend fand.
… Sie war es auch, die etwas später fragte: „Darf ich nochmal zurückkommen auf das, was wir vor einigen Stunden ganz am Anfang besprochen haben? Ihr wisst schon, das Hauptproblem in eurer Ehe?“
… Clara und Burkhart sahen einander an und lächelten. Marco jedoch runzelte leicht die Stirn: „Aber Sandra! So beschwipst bin ich nicht, dass ich nicht merke, wie neugierig du bist. Das kannst du doch nicht fragen.“
… „Doch Marco“, meinte Clara, „ich habe ja versprochen, dass wir darüber reden können. Ich vertraue euch beiden, dass ihr nichts herumerzählen werdet. Willst du, Burkhart?“
… „Weißt du, Sandra“, erläuterte Burkhart nun und man konnte erkennen, dass seine Zunge deutlich schwerer geworden war, „unser größtes Problem ist die Zeit, die uns fehlt. Wir haben zu wenig Zeit füreinander und viel zu wenig für unsere Zwillinge. Sie sind jetzt siebzehn und bald werden sie flügge sein. Wir haben uns erst vor Kurzem wieder darüber unterhalten, dass wir in unseren Berufen zeitlich nicht kürzertreten können. Das ist bei euch einfacher. Wenn Clara nur mehr halbtags arbeiten würde oder noch weniger, würde sie ihre Erfahrung nicht mehr intensiv genug weiterentwickeln können. Außerdem müsste sie viel mehr hilfesuchende Ehepaare abweisen, als sie es ohnehin schon tut. Ihr gebt mir doch sicher recht, dass Clara absolut die Beste ist.“
… Marco sah, wie Clara bei Burkharts Kompliment etwas erwidern wollte, aber diesmal war er schneller: „Wir können zwar keine Vergleiche ziehen, denn wir kennen ja keine anderen Psychotherapeuten, aber das, was Clara mit uns gemacht hat, war einfach großartig. Und sie hat auch die Ehen unserer besten Freunde, der Robertsons, und von Andrea, meiner Sekretärin, in Ordnung gebracht. Also ja, Burkhart, ich glaube das fest, dass Clara die absolut Beste ihres Faches ist. Ihr früherer Professor, den wir letztes Jahr bei eurem Gartenfest kennengelernt haben, hat das auch betont.“
… „Du meinst Rüdiger Schmitz, Claras Doktorváter. Natürlich ist er derselben Meinung. Er hat sie schließlich geformt und danach hat sie sich zu dem entwickelt, was sie heute ist. Wisst ihr, es ist völlig unmöglich, dass sie ihren Job auf halber Flamme kocht. Meine Frau ist deshalb so genial, weil sie eben die Zeit investiert, die dafür erforderlich ist.“
… Clara war im Laufe der Diskussion auf den Schoß ihres Mannes gerutscht und ihre Hände lagen in seinen. Zwar beeinträchtigte der Wein Marcos Sinne, aber dieser Anblick kam seinem Grundbedürfnis nach Harmonie entgegen. Seine Frau hatte dasselbe getan wie Clara, aber mit ihrem dicken Bauch war das für Marco eine etwas größere Herausforderung. Aber die hatte er gerne angenommen, er liebte es, Sandra so nahe zu spüren.
… „Aber ihr solltet auch die andere Seite sehen“, sagte Clara jetzt, „Burkhart hat mir schon vor Jahren angeboten, seinen Job aufzugeben. Er hat vorgeschlagen, eine Facharztpraxis für Chirurgie zu eröffnen, eventuell mit Partnern, und dort maximal halbtags zu arbeiten, oder aber in irgendeinem Krankenhaus einen Zwanzig-Stunden-Job anzunehmen.“
… Sandra stellte daraufhin fest: „Und du hast nicht angenommen, Clara.“
… „Natürlich nicht, Sandra. Burkhart ist einer der besten Mikrochirurgen in unserem Land. Seine Techniken sind in der Fachwelt bekannt. Von weither kommen Kollegen, um von ihm zu lernen. Seine Operationen sind zum Teil legendär und werden in der Literatur und auf Kongressen besprochen. Wenn er Vorlesungen hält, hängen seine Studenten an seinen Lippen. Und da soll ich auf seinen Vorschlag eingehen? Das kann ich ganz sicher nicht. Ich liebe Burkhart viel zu sehr, eher verzichte ich auf meine Tätigkeit.“
… „Nein, das wirst du nicht.“ Burkhart sah Sandra und Marco an. „Meine Liebe zu Clara ist nämlich mindestens so groß wie ihre und ich würde niemals erlauben, dass sie ihren Job nicht mehr macht. Der ist nämlich ihr Leben. Und sie übertreibt völlig bei meiner Arbeit. Deshalb ist das, was sie vorschlägt, überhaupt keine Lösung.“
… Clara lächelte wieder ihr unglaublich gewinnendes Lächeln. Locker und gelöst saß sie auf dem Schoß ihres Mannes und sie wirkte außerordentlich attraktiv. „Seht ihr? Für unser Hauptproblem haben wir keine Lösung. Seit Jahren leben wir so und wir haben es als unlösbar akzeptiert.“
… „Aber eigentlich ist das doch sehr schön“, ließ sich Sandra vernehmen, sie schien beeindruckt. „Ihr seid beide in euren Berufen absolut spitze und liebt einander so sehr, dass ihr nicht zulassen wollt, dass der andere zurücksteckt, obwohl ihr das selbst sofort tun würdet.“
… Burkhart schmunzelte, als er antwortete: „Da magst du schon Recht haben, Sandra, nur wachsen eben unsere Kjinder im Internat auf.“
… „Aber nur während der Woche. An den Wochenenden und in den Ferien habt ihr sie ja und wie wir schon wissen, seid ihr da für sie da. Marco hat schließlich auch oft wenig Zeit für unsere Kiinder.“
… „Aber du arbeitest halbtags, Sandra“, beharrte Burkhart, „und das macht es viel leichter. Wie schon gesagt, das kriegen wir nicht hin.“
… „Aber sonst ist ja alles in Ordnung bei euch, ich merke ja, wie ihr euch genauso liebt wie Marco und ich es tun. Und euer Sexleben ist sicher auch wunderbar.“
… Marco war durch den starken Cocktail in seiner Wahrnehmung schon ziemlich beeinträchtigt, aber Sandras Aussage hatte er mitbekommen und entgeistert sah er sie an. Sie jedoch strahlte über das ganze Gesicht und schelmisch fügte sie hinzu: „Was ist denn, Marco, ich frage doch nur.“
… „Du neugieriges Biest“, polterte dieser los, „na warte, bis wir zu Hause sind. Ich werde dich übers Knie legen.“ Er blickte hinüber zum anderen Sofa und sah in lachende Gesichter. Die Cocktails hatten auch auf Clara und Burkhart ihre Wirkung nicht verfehlt.
… Clara war von Burkharts Schoß heruntergerutscht und saß ganz dicht bei ihrem Mann: „Meinst du, mein Liebling, sollen wir?“ Sie sah zu ihm auf und schien sehr locker mit Sandras Frage umzugehen.
… Burkhart nickte wie zur Bestätigung. Einen Augenblick benötigte er, um den nächsten Gedanken zu fassen, dann fuhr er leicht nuschelnd fort: „Ihr könnt alles erfahren, Clara wird euch erzählen, wie’s bei uns läuft. Ihr müsst nämlich wissen, dass meine liebe Frau nicht nur ihre Patientenpaare mit ihren Regeln beglückt, sondern auch wir müssen danach leben.“ Er lachte laut und drückte seine Frau an sich.
… Die wandte sich mit ihrem hinreißenden Lächeln an Sandra und Marco: „Burkhart tut so groß, dabei ist er heilfroh, dass wir unsere klaren Regeln haben. Genau das hilft, unsere Ehe in Balance zu halten, Augenhöhe, ihr wisst schon. Ich muss zugeben, dass es bei uns ähnlich ist wie bei euch. In unserer Beziehung bin ich nämlich der abenteuerlustige Part, ich bin diejenige, die es manchmal zu außerehelichem Sex zieht. Burkhart dagegen ist der Bedächtige und eigentlich genüge ich ihm.“
… Sandra hatte es vorhin Clara gleichgetan und war von Marcos Schoß geklettert. Völlig überrascht sahen die beiden einander an, dann ergriff Marco das Wort: „Wir sind starr vor Staunen. Nie hätten wir gedacht, dass ihr Fremdsex habt. Wir haben immer geglaubt, ihr seid einander treu.“
… „Das sind wir auch. Wir haben ‚Treue‘ für uns klar definiert und halten uns daran, ohne Wenn und Aber. Wir haben nur wenig außereheliche Sexkontakte und die dienen ausschließlich dazu, unseren ehelichen Sex zu bereichern. Und wir sind damit sehr glücklich.“ Man merkte Clara an, dass sie mit viel Emotion bei der Sache war, während sie sprach.
… „Meine Frau hat schon Recht“, meinte Burkhart dazu, „die Regeln geben uns Sicherheit, vor allem mir, und erlauben, dass wir volles Vertrauen zueinander haben. Das war nicht so, als unsere Beziehung noch jung war. Da haben wir beide Fehler gemacht.“
… „Was Burkhart sagen will“, korrigierte seine Frau, „dass ich alle Fehler begangen habe. Ich habe über die Stränge geschlagen und Burkhart hat mir verziehen. Ohne seine Großzügigkeit hätte unsere Beziehung nicht überlebt. Ich weiß, das ist nicht das, was ich in meinen Therapien predige, denn Einseitigkeit verletzt die Augenhöhe, aber trotzdem bin ich meinem Mann unendlich dankbar dafür. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt und dann haben wir Schritt für Schritt unser Regelwerk entwickelt. Als ich später am Konzept für die Ehe 2.0 arbeitete, hat mir das enorm geholfen.“
… Fasziniert hatten Sandra und Marco zugehört und sich so konzentriert, dass Marco seinen Alkoholpegel fast nicht mehr spürte. Sehr neugierig geworden, fragte Sandra nach: „Wollt ihr uns ein wenig von eurem Sex erzählen?“
… Diesmal vergaß Marco ganz, seine Frau dafür zu schelten, so sehr hatte ihn das Gehörte beeindruckt, in dem er durchaus Parallelen zu seiner eigenen Beziehung mit Sandra sah. Jedoch war die Vorgeschichte doch deutlich anders, wie er gleich erfahren sollte.
… Auch Claras Zunge hatte sich gelockert und ganz wie von selbst legte sie los: „Wisst ihr, ich war als Studentin kein Kjnd von Traurigkeit. Auf den Studentenpartys der psychologischen Fakultät ging es oft wild zu und ich nahm alles mit, was sich dort so bot. Zu Beginn meines letzten Studienjahrs lernte ich auf einer solchen Party Burkhart kennen, der mehr durch Zufall dorthin geraten war, denn seine Sache sind derartige Festivitäten nie gewesen. Wir trafen uns danach einige Male und verliebten uns, wobei ich gestehen muss, dass Burkhart unsere Liebe viel ernster nahm als ich anfangs. Das war 1980 und Burkhart hatte gerade sein Medizinstudium abgeschlossen und zu promovieren begonnen. Er war schon damals großartig. Er hat mich zu nichts gedrängt, während wir anfingen, miteinander auszugehen, und er hat mir keinerlei Vorwürfe gemacht. Aber als es dann zwischen uns ernster wurde, hat er relativ deutlich ausgesprochen, was er von mir erwarten würde. Er hätte sich in mich verliebt, aber er könne seine Liebe nur leben, wenn ich mich eindeutig für ihn entscheide. Das hat mir imponiert und ich habe es ihm versprochen, aber es stellte sich als gar nicht so einfach heraus, mein Lotterleben aufzugeben. Ziemlich bald bin ich rückfällig geworden, aber Burkhart hat mir verziehen. Meine Liebe ist stärker geworden und ich habe das Interesse am Herumbumsen verloren. Eigentlich hatte ich das Ziel, nur ihm zu gehören.“
… „Wow, das ist stark“, meinte Sandra dazu, „und so völlig verschieden von dem, wie wir den Anfang unserer Beziehung erlebt haben.“
… „Ich weiß“, erwiderte Clara, „ihr habt es einfacher und schwieriger zugleich gehabt. Eure ersten zehn Jahre waren einfacher, ihr habt nur euch beide gehabt und das war genug. Euer abwechslungsreiches Sexleben habt ihr für euch selbst entwickelt. Mit dem ersten Fremdsex wurde es komplizierter, denn deine Abenteuerlust ist erwacht und hat sich Schritt für Schritt entwickelt. Das war schwieriger, denn ihr habt immer wieder damit zu tun gehabt, diese im Griff zu behalten. Bei uns war es fast umgekehrt. Ich habe als Single ein freies Sexleben geführt, gebumst, wen, wo und wie ich wollte und habe mich dann in eine Beziehung hineingepresst gefühlt. Dieser Übergang war sehr schwierig und Burkhart hat viel Geduld gehabt. Schon allein aus diesem Grund liebe ich ihn wirklich sehr. Aber dann ist daraus eine wundervolle, fast monogame Beziehung entstanden.“
… Burkhart hatte seine Frau verliebt angesehen, ohne sie auch nur einmal zu unterbrechen. Doch jetzt konnte er offenbar nicht mehr an sich halten und prustete los: „Monogame Beziehung?“, lachte er in die Runde, „naja, wie man‘s nimmt. Genau genommen hab‘ ich immer wieder auf meine Liebste achten müssen. Willst du nicht ein paar pikante Details erzählen, Clara?“
… Die Angesprochene zuckte kurz. Ihr war klar, dass Burkhards Offenheit vom Alkohol herrührte. Aber sie wollte keine Spielverderberin sein, ihre Lockerheit siegte. „Zweimal war ich meinem Burkhart noch untreu und ich bin nicht stolz darauf. Beim ersten Mal waren wir etwa ein halbes Jahr zusammen und ich lernte für eine wichtige Prüfung, es war eine der Letzten für mein Studium. Obwohl ich eine gute Studentin war, bin ich extrem unsicher gewesen und ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat, als ich versucht habe, den zuständigen Professor zu verführen. In seinem Büro habe ich ihm einen geblasen und mich dann auf seinen Schoß gesetzt. Zunächst hat er das gerne angenommen und sich nicht gewehrt, aber zum Ficken ließ er es nicht kommen und ich bekam einen Denkzettel verpasst. Er hat mir erklärt, dass er mir gern bei allen Fachfragen helfen würde, aber nicht bei der Prüfung. Er meinte, dass ich es nicht nötig hätte, meinen Körper für eine gute Note herzugeben, als gute Studentin würde ich die Prüfung locker schaffen und eine der besten Psychologen werden, die er kenne. Und dann hat er mich weggeschickt. Ich kam mir vor wie eine junge, dumme und ungezogene Göre.“
… Burkhart lachte: „Du hast dich ja auch wie eine solche benommen. Aber immerhin kamst du dann gleich zu mir, hast mir alles gebeichtet und dich ausgeheult.“
… Gespannt fragte Marco: „Und? Was hast du denn mit ihr gemacht, Burkhart? Hast du ihr die Leviten gelesen?“
… Clara antwortete anstelle ihres Mannes: „Nein, stellt euch vor, hat er nicht. Er hat mich getröstet und drei Wochen intensiv mit mir gelernt. Erst nachdem ich die Prüfung in der Tasche hatte, hat er ein ernstes Wort mit mir geredet. Ich glaube, dass er ein viel besserer Psychologe ist als ich.“
… „Das darfst du nicht einmal denken“, gab Burkhart amüsiert zurück, „aber ich war schon böse mit ihr, müsst ihr wissen“, wandte er sich jetzt an seine beiden Gegenüber, „mich zu hintergehen ist das eine, aber sich zu verkaufen für ein paar Vorteile bei einer Prüfung, das ist schon ein starkes Stück, das hatte sie doch überhaupt nicht notwendig.“
… „So wie wir Clara kennengelernt haben, hast du ganz sicher Recht“, bekräftigte Marco, „und auch der Professor lag richtig damit, dass sie zu den Besten gehören würde.“
… „Warum hat sich denn dieser Professor überhaupt auf Sex mit dir eingelassen? Und wie ist es mit ihm weitergegangen?“, ließ sich Sandra vernehmen. Diese Geschichte war so ganz nach ihrem Geschmack, ihre Augen blitzten, soweit Marco das aus den Augenwinkeln wahrzunehmen glaubte.
… „Wir wissen heute, was bei ihm die Motivation war. Er war damals neununddreißig und seit zwei Jahren Witwer. Und er war total untervögelt, er hatte nämlich vor lauter Arbeit kaum Gelegenheiten. Eigentlich wollte er es nicht und es hat ihm schon leidgetan, als ich seinen Schwanz gerade in den Mund genommen hatte. Aber er konnte nicht zurück und hat es geschehen lassen. Er hatte jedoch Gewissensbisse und einige Wochen später, als ich für die Abschlussprüfung etwas von ihm brauchte und mich traute, in sein Büro zu kommen, haben wir über den Vorfall geredet und ich habe ihm versprochen, Stillschweigen zu bewahren und so etwas nie wieder zu versuchen. Ihr beide gehört zu den wenigen, die Bescheid wissen.“ Clara blickte Sandra geradewegs in die Augen.
… Diese grinste: „Lass‘ mich raten, Clara. Der Name des Professors ist Rüdiger Schmitz?“
… Burkhart begann zu lachen, vermutlich trieb ihn sein Alkoholpegel dazu, besonders laut zu sein. Er schlug mit der Faust auf den Tisch und tönte: „Schau an, Marco, deine bezaubernde Ehefrau kann wahrhaftig Gedanken lesen.“
… Er wollte noch etwas hinzufügen, aber Clara fiel ihm ins Wort: „Burkhart“, mahnte sie, „nicht so laut. Das müssen nicht alle hier drin erfahren. Und Sandra hat das nicht gelesen, sondern sich zusammengereimt aus dem, was sie letztes Jahr gesehen und gehört hat, mit Hilfe ihrer unvergleichlichen empathischen Fähigkeit.“ Antwortheischend blickte sie Sandra an.
… Die strahlte über das ganze Gesicht. Bei solchen Themen war sie einfach in ihrem Element. Und sie benötigte kein Gramm Alkohol, um in lockerer Weise weiter darüber zu philosophieren. „Ja, Clara, ich habe das ziemlich schnell erkannt. Du hast schon mehrfach gesagt, dass das meiner Empathie zu verdanken ist, und wenn du das sagst, glaube ich dir das auch.“ Dann wandte sie sich an ihren Ehemann und der Schalk saß ihr im Nacken, als sie zu ihm sagte: „Burkhart hat mich ‚bezaubernd‘ genannt, wie charmant von ihm. Das habe ich von dir noch nie gehört, mein Liebster.“
… Marco reagierte etwas betroffen: „Aber du weißt doch, dass ich dich bezaubernd finde. Ich habe schon viele ähnliche Sachen zu dir gesagt.“
… „Ja, aber dieses nette Wort hast du nicht verwendet“, legte Sandra noch nach.
… Während Marco überlegte, wie er reagieren sollte, meldete sich Clara: „Ich sehe, dass du deinen Mann aufziehen willst, Sandra. Bitte vergiss‘ nicht, dass er gar keine Chance hat, Spaß von Ernst zu unterscheiden, wenn er einiges intus hat.“
… „Entschuldigung, Clara, ich genieße dieses Gespräch nur so sehr, dass der Gaul mit mir durchgegangen ist. Marco, mein Liebling, es war nur Spaß. Du bist immer sehr liebevoll zu mir.“ Trotz ihres Bauchumfangs neigte sie sich zu ihrem Mann und zog seinen Kopf zu sich heran. Sanft küsste sie Marco einige Male.
… „Und ich, bekomme ich nichts?“, beschwerte sich Burkhart bei seiner Frau, die daraufhin lächelte und es Sandra gleichtat.
… Als Sandra ihren Mann fertiggeküsst hatte, blickte sie über den Tisch zum Ehepaar Millstedt. „Und so vertraut, wie ich diesen Professor und dich, Clara, letztes Jahr bei eurer Grillparty erlebt habe, meine ich, dass ihr es immer noch miteinander treibt, hab‘ ich Recht?“
… Marco war in Gedanken immer noch bei den Küssen, die seine Frau ihm verabreicht hatte, und reagierte daher nicht. Burkhart lachte erneut auf und Clara war ganz überrascht. „Ja, das stimmt“, gab sie unumwunden zu, „deine Empathie, Sandra, ist wirklich unglaublich.“
… „Ich hab’s doch geahnt.“ Triumphierend drehte sich Sandra zu ihrem Mann. „Ich hab‘ schon bei der Party gleich so ein Gefühl gehabt.“ Vor lauter Freude über ihre Erkenntnis fiel ihr nicht weiter auf, welch ungeheure Tragweite dies für die Ehe der Millstedts haben musste, aber die Therapeutin wusste ganz genau, dass dies ihrem Vorzeigepaar bald klarwerden würde. Deshalb musste sie reinen Tisch machen und den Fragen der beiden zuvorkommen.
… „Ich werde euch erzählen, wie es dazu kam“, sagte sie, „aber dazu muss ich der Reihe nach vorgehen. Im Spätsommer nach meinem Diplom rief mich Professor Schmitz zu sich und bot mir eine Doktorandenstelle an seinem Institut an. Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich den Entschluss gefasst hatte, eine Ausbildung zur Psychotherapeutin zu machen. Er jedoch meinte, dass sich beides gut miteinander verbinden ließe. Mit einem so guten Diplom wäre es einfach unverantwortlich, keinen Doktor zu machen. Burkhart war schon mittendrin in seiner Doktorarbeit und riet mir ebenfalls zu. Rüdiger Schmitz unterstütze mich, wo er konnte, aber er schenkte mir nichts. Es waren harte Jahre für Burkhart und mich voll intensiver Arbeit. Trotzdem hatten wir eine gute und erfüllende Beziehung.“
… Clara machte eine kurze Pause und sog nachdenklich am Strohhalm, der in ihrem Cocktailglas steckte. Dann fuhr sie fort: „Jedoch Anfang 1984 kam die Party, auf der ich meinen Liebsten noch einmal betrogen habe, aber das war das letzte Mal. Burkhart hatte sein Doktorat bereits in der Tasche und eine Fachausbildung zur Allgemeinchirurgie begonnen. Ich schrieb gerade am letzten Abschnitt meiner Arbeit und sollte Mitte des Jahres promoviert werden. Eine Studienfreundin feierte den erfolgreichen Abschluss ihres Doktorats. Ich war ziemlich alkoholisiert und meine Hemmschwelle war dadurch niedrig. Ich fand den Mann, den ich übrigens später nie mehr wiedergesehen habe, sehr sexy und habe mich auf ihn eingelassen. Es war unglaublich geil, in diesem Moment schien der Sex viel besser als der mit Burkhart zu sein. Aber bereits kurz danach plagten mich Gewissensbisse, denn als angehende Psychotherapeutin war mir bereits klar, dass man eine Beziehung, die viel mehr bedeutet als nur Sex, nicht in Gefahr bringt, auch wenn sich in dir drinnen alles vor lauter Geilheit nach dem Fremdsex sehnt. Damit wollte ich nicht leben und habe Burkhart, wieder einmal, alles gebeichtet.“
… „Ach du Scheiße“, kam es von Marco, ohne dass er diese Wortwahl verhindern hätte können, „da hast du deinem Mann einiges zugemutet, Clara.“
… „Ich weiß“, sagte Clara und rutschte bei der Erinnerung ganz nahe an Burkhart heran, „und wie ich schon sagte, bin ich überhaupt nicht stolz darauf.“
… „Wie hat denn Burkhart darauf reagiert“, war Sandra wieder einmal neugierig.
… Marco sah, dass Clara in Gedanken versunken lächelte. „Burkhart war zunächst konsterniert, aber dann verhielt er sich umwerfend. Er umarmte mich und führte mich ins Schlafzimmer. Es war absolut traumhaft. Es schien so, als hätte ihn die Situation beflügelt. Danach sagte er, dass er mich zwar sehr lieben würde, aber ab sofort nicht mehr tolerieren könne, wenn ich ohne ihn Sex hätte. Wohl oder übel müsse er akzeptieren, wenn der Fick mit dem fremden Mann besser gewesen sei, er habe immer alles gegeben, was er könne. Wenn mir das nicht ausreichen sollte, möge ich das offen sagen. Und wenn ich ihn jetzt nicht mehr wolle, wäre er zwar sehr traurig, würde mich aber ziehen lassen. Ich war ziemlich verzweifelt und habe haltlos geheult. Es war mir natürlich klar, dass er in allen Punkten Recht hatte, und auch, dass der Sex mit ihm erfüllend und voll befriedigend war. Ich wollte ja gar nichts anderes als ein Leben mit ihm, für mich war das keine Frage. Stammelnd habe ich ihm das gesagt und mehrfach versucht, mich zu entschuldigen.“
… „Wow, das war super von Burkhart“, ließ sich Sandra vernehmen, „aber auch du hast gut reagiert, Clara.“
… „Aber das Beste kommt noch“, lächelte Clara erneut. „Burkhart hat mich in seine Arme genommen, meine Tränen weggeküsst und gesagt: ‚Kann es sein, dass du dich noch nicht eng genug an mich gebunden fühlst, meine liebste Clara? Dann sollten wir den nächsten Schritt wagen, um deine Widerstandskraft zu stärken. Möchtest du mich heiraten?‘ Das war der reine Wahnsinn, innerhalb von Sekunden wurde ich aus einer tiefen Finsternis in den siebten Himmel katapultiert. Ich brauchte einige Momente, um zu erkennen, dass er das wirklich ernst meinte, aber dann gab es kein Halten mehr. Ich habe Burkhart verwöhnt, von A bis Z. Alles Unanständige, was ich auf den Studentenpartys gelernt habe, habe ich mit ihm gemacht, alle Register habe ich gezogen, so dankbar war ich. Irgendwann zwischen zwei Orgasmen habe ich seinen Heiratsantrag lauthals angenommen und bis fast in die Morgenstunden haben wir es getrieben. Ich wusste ja, wie man einem Mann einen längerdauernden Genuss verschafft. Im Nachhinein besehen war das sicher eine der besten Nächte in unserer Beziehung.“
… Auch Burkhart lächelte bei der Erinnerung an jenes Ereignis und nickte zustimmend: „Ich habe Clara damals noch das Versprechen abgenommen, dass sich ein solcher Seitensprung niemals wiederholen würde, und ihr versichert, dass sie mein volles Vertrauen hätte.“
… „Und das habe ich nie missbraucht. Ich habe mein Versprechen gehalten, bis auf den heutigen Tag“, setzte Clara erneut zu erzählen an, „Gelegenheiten hätte es genügend gegeben, aber für mich war stets klar, wohin ich gehörte. Unsere Beziehung wurde, da wir nun verlobt waren, noch intensiver, zumindest fühlten wir so. Wir heirateten allerdings erst 1987, davor hatte uns unsere Ausbildung noch zu sehr im Griff. Ein halbes Jahr später kamen unsere Zwillinge auf die Welt. Die waren, ehrlich gesagt, zu diesem Zeitpunkt noch nicht geplant, aber nichtsdestoweniger waren wir vollständig glücklich.
… Jahrelang lebten wir vollkommen monogam, wir vermissten nichts, dann ergab sich unser erster gemeinsamer Fremdsex. Eín Jahr waren unsere Zwillinge , als ich ein berufliches Abendessen mit einem alten Studienfreund hatte, mit dem ich es während des Studiums öfter getrieben hatte und der gerade in unserer Stadt war. Irgendwie erfasste uns wieder unsere frühere Geilheit, warum, weiß ich nicht mehr. Vielleicht war es der Alkohol. Er lud mich in sein Hotelzimmer ein, aber ein Seitensprung kam für mich nicht in Frage, obwohl ich gerne mit ihm gefickt hätte. Ich ließ mich vom Kellner zum Festnetztelefon des Hauses führen, mobile Telefonie gab es ja noch nicht, rief meinen Mann an und erklärte ihm die Situation. Es wäre fahrlässig gewesen, selbst noch zu fahren, deshalb fragte ich ihn, ob ich ein Taxi nehmen sollte oder er mich abholen wollte. Er erkannte meinen Zustand sofort und verlangte mit meinem Studienfreund zu sprechen, ich sollte jedoch nicht mithören. Also entfernte ich mich pflichtschuldigst einige Meter, einigermaßen im Ungewissen, was Burkhart vorhatte. Ich sah meinen Freund grinsen und zustimmend nicken. ‚Wir werden deinen Mann treffen, im Hotel. Dort fahren wir jetzt hin‘, informierte er mich nach dem Auflegen. Doch ich stimmte erst zu, nachdem er mir versicherte, dass wir in der Rezeption bleiben würden. Ich wollte nämlich auf gar keinen Fall mit in sein Zimmer, nur nicht untreuegefährdet werden. Burkhart organisierte in der Zwischenzeit eine Nachbarin, um auf unsere Zwillinge zu schauen, und kam ebenfalls ins Hotel. Er ließ zu, erstaunlich für mich, dass mein Studienfreund uns nun doch in sein Zimmer lotste und mich, nachdem mein Mann mich ausgezogen hatte, nach Strich und Faden durchfickte. Der Freund hatte einen ungeheuren Druck drauf, beim Essen hatte er mir erzählt, dass er sich von seiner Partnerin einige Monate zuvor getrennt hatte. Er schien es also gewaltig nötig zu haben. Zum ersten Mal erlebte ich Sex mit einem anderen Mann, während mein Mann zusah und sein Beisein gab mir einen ungeheuren Kick. Dann hatten wir einen Dreier in allen möglichen Stellungen. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich gekommen bin, einige Höhepunkte werden es gewesen sein, und es war unglaublich befriedigend.“
… Schwer beeindruckt blickten Sandra und Marco auf das Ehepaar Millstedt ihnen gegenüber. Burkhart hatte gerade wieder seinen Arm um Clara gelegt und war dabei, seine Frau intensiv zu küssen. Marco merkte, wie seine Frau neben ihm etwas hin- und herwetzte, ein wenig erregt schien sie diese Erzählung zu haben.
… Die Therapeutin fuhr fort, nachdem Burkhart ihren Mund wieder freigegeben hatte: „Der Rest ist schnell erzählt. Auf der Heimfahrt vom Hotel sind wir ganz still geblieben, aber zu Hause habe ich mich an Burkhart gekuschelt und mich für das großartige Erlebnis bedankt. Er hat mich angelächelt und gesagt, dass er sich künftig genau so erwarte, dass seine Frau rechtzeitig das Richtige tue. Aber zur Gewohnheit sollen solche Erlebnisse nicht werden, sondern die absolute Ausnahme bleiben, nur wenn es gar nicht anders ginge, denn schließlich hätte sie sich ja gut im Griff. Selten habe ich meinen Ehemann so geliebt.“
… „Das kann ich gut nachempfinden“, pflichtete Sandra ihr bei, „ich habe Ähnliches gespürt nach dem Dreier mit dem Barmann.“
… „Danach haben wir eigentlich keinen Sex zu dritt mehr gehabt. Vielleicht einmal pro Jahr, manchmal seltener, je nachdem, ob uns danach ist, gehen wir in einen Club und suchen uns ein anderes Ehepaar für Partnertausch. Nicht immer werden wir fündig, dann ist es eben so. Auch brechen wir den Sex ab, wenn wir erkennen, dass er uns nichts bringt, auch das kommt vor. Aber wenn das fremde Paar gut zu uns passt, ist der Sex meist lustvoll und bereichernd, und wir halten unsere Augenhöhe ein.“
… „Verabredet ihr euch auch manchmal mit einem Paar, mit dem ihr schon Sex hattet?“ Sandra zeigte wieder einmal großes Interesse.
… „Nein, denn wir verabreden uns nie. Es ist immer Zufall, auf wen wir in irgendeinem Club treffen. Aber es war zweimal bereits der Fall, dass wir dasselbe Ehepaar wieder getroffen und dann mit diesem gefickt haben. Aber der Normalfall ist das nicht. Denkt an unsere Regeln.“ Clara schmunzelte.
… „Dann würden wir wohl nicht als Ehepaar für Partnertausch mit euch in Frage kommen, Clara“, sinnierte Sandra darauf.
… Jetzt lachte Clara und sie wirkte bezaubernd dabei. Marco hatte zeitweise Mühe, dem Gespräch zu folgen, aber es war ihm bisher einigermaßen gelungen. Jetzt hörte er jedoch gut und stellte sich vor, wie er mit der attraktiven Therapeutin im Bett lag und der Gedanke gefiel ihm nicht schlecht.
… Umso ernüchternder war jedoch ihre Antwort: „Burkhart wäre sofort dabei, er hat einen Narren an dir gefressen, Sandra. Aber du hast dir deine Frage indirekt gerade selbst beantwortet. Gegen wieviele Regeln würde das verstoßen? Aber davon abgesehen, ihr seid meine Patienten, deshalb ist das leider völlig ausgeschlossen. Und ihr bleibt meine Patienten auf Dauer, zumindest solange die Nachbetreuung läuft. Und die aufzukündigen, würde ich sicher nicht zulassen.“
… „Schade, Clara“, ließ sich Marco vernehmen, „ich würde sehr gerne mit dir ins Bett, du wirkst heute Abend sehr anziehend auf mich.“ Kaum hatte er das gesagt, wollte er sich auf die Zunge beißen, unpassend und nicht schicklich waren seine Worte, wie er genau wusste. „Verzeihung, Clara, ist mir so rausgerutscht.“
… Marco konnte erkennen, dass Burkhart grinste. ‚Kein Wunder‘, dachte er, ‚der Mann ist dabei, in seinen Gedanken meine Sandra zu vernaschen.‘ Aber jetzt hatte er sich im Griff und sprach das nicht aus.
… Clara lächelte wieder ihr bezauberndes Lächeln: „Macht doch nichts, Marco. Ich freue mich, wenn ich in meinem Alter auf einen bedeutend jüngeren Mann noch attraktiv wirke.“
… Marco musste jetzt protestieren, wegen Claras angeblichem ‚Alter’ und dass er ‚bedeutend‘ jünger wäre.
… „Naja, ein paar Jährchen sind es schon, vierzehn, wenn ich richtig zähle“, antwortete Clara schmunzelnd, „aber jetzt lasst uns endlich zu eurer Frage von vorhin kommen, Sandra. Wie halten wir es mit Rüdiger Schmitz? Er ist zu meinem väterlichen Freund geworden. Ich habe schon erwähnt, dass er mir in meiner Ausbildung nichts geschenkt hat. Aber das war gut so, ich habe bei ihm und durch ihn sehr viel gelernt. Er hat mir Tipps gegeben, mich betreut, er hat seine Verbindungen spielen lassen, als ich 1985 meine Ausbildung zur Psychotherapeutin abgeschlossen hatte und meine erste Anstellung suchte. Und er hat Burkhart bei einem seiner Freunde untergebracht, als er ein neues Aufgabengebiet suchte. Das war ein ausgewiesener Spezialist für Mikrochirurgie. Wir verdanken Rüdiger so viel und wir haben leider viel zu spät erkannt, wie unendlich einsam der Mann war. Das war, als wir nach der Taufe unserer Zwillinge, zu der auch Rüdiger eingeladen war, abends noch bei einem guten Wein zusammen saßen. Rüdiger wollte nicht gehen und war schließlich der Letzte unserer Gäste. Er wirkte traurig und wir ermunterten ihn, zu erzählen, was ihn bedrückte. Ziemlich auf den Tag genau war es der Sterbetag seiner Frau, neun Jahre war das mittlerweile her gewesen, dass sie mit nicht mal fünfunddreißig Jahren an Krebs verstorben war. Und zu allem Überdruss war sie im fünften Monat schwanger und ihr ungeborener Sohn hat mit ihr nicht überlebt.“
… „Ach du meine Güte!“ Sandra war voll des Mitgefühls. „Der arme Mann, was für ein brutales Schicksal.“
… „Ja, es war grässlich.“ Clara erschauerte bei der Erinnerung und Burkhart zog seinen Arm fester um sie. Nach einer Weile fasste sie sich und erzählte weiter: „Mehr als ein Vierteljahrhundert ist dieses fürchterliche Erlebnis jetzt her, aber es hat ihn immer noch gepackt und manchmal kommt seine Trauer eben voll heraus. Damals, an jenem Abend unserer Taufe, hat Burkhart diskret nachgefragt, wie Rüdiger es mit seiner Libido halten würde, er war damals Mitte vierzig, also noch im besten Mannesalter. Seine Antwort hat uns verblüfft. Alle halben Jahre habe er ein Bordell aufgesucht, um sich zu erleichtern.“
… Daraus hatte sich eine Diskussion ergeben, wie Clara nun weiter ausführte, aber Professor Schmitz hatte das als einzig mögliche Lösung gesehen. Eine neue Frau zu suchen war ihm einfach unmöglich. Danach hatte es zwischen Clara und Burkhart nur wenige Worte der Abstimmung bedurft. Sanft hatte Clara ihren Mentor an die Hand genommen, in ihr Gästezimmer geführt, sich selbst ausgezogen und ihm beim Entkleiden geholfen. Er hatte sofort einen Ständer gehabt und sie hatte ihn zunächst geritten. Ziemlich schnell war er davor gewesen, zu kommen, weshalb sie eine Pause gemacht hatte. Dann hatte sie sich auf den Rücken gedreht und ihn über sich gezogen. Fast automatisch hatte er zu stoßen begonnen und sie schon nach kurzer Zeit mit seinem Samen überschwemmt.
… Clara lächelte bei der Erinnerung: „Wisst ihr, er war so rührend unbeholfen. Wortreich hat er sich entschuldigt, dass es ihm so früh gekommen ist. Irgendwie habe ich ihn dabei noch mehr in mein Herz geschlossen. Danach war er wie ausgewechselt. Wir haben noch etwa eine Stunde geplaudert, er war leutselig und eloquent, bis er dann nach Hause gefahren ist. Als er weg war, habe ich Burkhart jedes Detail über den Sex mit Rüdiger berichtet und er hat gemeint, dass wir für den Mann etwas Gutes geleistet hätten. Ja, und kurz gesagt, daraus ist mein Verhältnis mit Professor Schmitz entstanden. Ich suche ihn seither alle halben Jahre in seinem Haus auf, meist zu einem verlängerten Wochenende. Ich spiele dabei seine Ehefrau. Er geht mit mir aus, nimmt mich mit zu Veranstaltungen oder ins Theater und wir waren auch schon auf dem einen oder anderen Kongress irgendwo in Europa. Wir schlafen zwar in einem Hotelzimmer, aber wir zeigen uns seinen Kollegen nicht gemeinsam, denn eigentlich soll niemand unsere Beziehung mitkriegen. Trotzdem gefällt mir das auf irgendeine Weise. Und mittlerweile ist auch der Sex mit ihm besser geworden, aber natürlich bei Weitem nicht so gut, wie ich ihn mit Burkhart erlebe. Aber Rüdiger hat sich gefangen und steht wieder einigermaßen im Leben. Er ist immer höflich und zuvorkommend geblieben, hat sich nie von sich aus in unsere Ehe gedrängt, sondern abgewartet, bis ich mich wieder bei ihm gemeldet habe.“
… Ganz ruhig hatten Sandra und Marco zugehört und nun schwieg Clara. Der Eindruck, den ihre Erzählung hinterließ, war gewaltig.
… „Fast so wie damals, als ich die Kurtisane von Alfred und Heinrich war“, meinte Sandra nach einer Weile.
… „Ja, Sandra, aber nur fast. Deine Beziehung mit den Brüdern Waldenfels war viel intensiver und der Sex war sicher besser. Du hast auch zwei Männer gehabt statt nur einem.“
… „Hallo?“, meldete sich Burkhart nun, aber man konnte ihm ansehen, dass er das nicht ernst meinte. „‚Nur einen‘, sagst du? Wieviele Männer willst du denn noch?“
… „Ach, mein Liebling, das weißt du doch ganz genau. Keinen einzigen außer dir.“
… „Na also“, lachte Burkhart, „das wollte ich hören. Übrigens, Sandra und Marco, bitte behaltet das für euch. Es gibt nur wenige weitere Personen, die davon wissen. Das sind zum Beispiel Alfred und Heinrich Waldenfels. Rüdiger hat es ihnen in einem unbedachten Moment erzählt. Alfred ist ja sein bester Freund.“
… Jetzt meldete sich Marcos logisches Gehirn: „Darf ich noch eine Frage stellen, Clara? Irgendwie finde ich es ja beachtlich, dass ihr diesem Professor, nennen wir es mal ‚sexuelle Unterstützung‘, gebt. Das ist eigentlich wie eine Sozialleistung. Aber Burkhart, Hand aufs Herz, wie kommst du damit klar, dass deine Frau ein Verhältnis hat, neben eurer Ehe, seit siebzehn Jahren, wenn ich richtig rechne? Ich wüsste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Und was ist mit deinen Regeln, Clara, vor allem hinsichtlich der Wiederholung von außerehelichem Sex mit immer demselben Mann? Und damit, dass Burkhart dich beim Fremdsex eigentlich nicht allein lassen sollte? Und schließlich, wie verhält es sich mit eurer Augenhöhe, die so wichtig ist für eine gute eheliche Beziehung?“
… Sandra sah ihren Mann bewundernd an. Sie hätte nicht gedacht, dass er bei seinem Alkoholpegel noch imstande sein würde, derart logische Fragen zu stellen, Fragen, auf die sie selbst in ihrer Gefühlswelt nicht sobald gekommen wäre. Aber auch deshalb liebte sie ihn, weil sie sich in ihren persönlichen Veranlagungen so gut ergänzten.
… Clara und Burkhart sahen Marco auf dessen Frage hin an und lachten leise. Burkhart übernahm die Antwort: „Weißt du Marco, da wir Claras Sex mit Rüdiger gemeinsam beschlossen haben, habe ich kein Problem damit. Und es ist ja nicht nur Sex und gemeinsames Ausgehen. Clara gibt ihm das Gefühl, eine Frau zu haben. Sie kochen gemeinsam, machen Hausputz, gehen wandern und schwimmen, treffen seine Freunde, sehr vertraulich natürlich, und besuchen sonntags die Kirche. Sex ist meist gar nicht das Wichtigste. Deshalb ja, es ist ein soziales Engagement, wie du richtig erkannt hast. In gewisser Weise ist Clara fremdverliebt in Rüdiger, das ist schon richtig, aber ihre Liebe zu mir ist viel mehr. Clara erzählt mir, sobald sie heimkommt, immer alles ganz genau und es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Was einige der Regeln angeht, ja, die werden nicht eingehalten, aber auch das haben wir gemeinsam entschieden und für unbedenklich erklärt. Rüdiger verdient unser volles Vertrauen. Und zur Augenhöhe …“
… Clara unterbrach ihren Mann: „Lass mich das erklären, mein Liebling. Wir haben darüber ja schon in der Therapie diskutiert, Marco, dass die Augenhöhe nicht verlangt, dass quantitativ alles aufrechenbar ist. Es geht immer darum, dass Rechte und Pflichten gleichverteilt sind, wie ihr euch sicher erinnern könnt. Wir haben zum einen unsere Partnertauscherlebnisse, für uns beide völlig gleichwertig. Zum anderen habe ich zusätzlich die beschriebene Affäre. Mit Burkhart habe ich ausgemacht, dass er so eine jederzeit in ähnlicher Form haben kann. Damit ist die Augenhöhe gewahrt, egal ob Burkhart davon Gebrauch macht oder nicht. Das gilt für zunächst, denn wenn Burkhart über Jahre keinen ähnlichen weiblichen Kontakt hat, beispielsweise, weil er gar nicht will, während ich meine Affäre lebe, wird trotzdem Schiefstand entstehen und die Augenhöhe beeinträchtigt werden. Es bliebe dann keine andere Möglichkeit, als dass ich mein außereheliches Verhältnis beende.“
… „So hätte ich das aus unseren Sitzungen auch verstanden“, bestätigte Marco, „und warum hast du das nicht getan, Clara, auch nach so vielen Jahren nicht?“
… Clara lachte erneut: „Weil es sich ergeben hat, dass auch mein Mann zeitweise mit einer anderen Frau schläft. Übrigens mit einer ganz besonderen, sehr liebenswerten Frau. Ich würde sogar verstehen, wenn er sich in sie verlieben würde.“
… Burkhart übernahm jetzt: „Aber das habe ich doch längst, meine Liebste. Ich erinnere mich noch wie heute, wie Almira zum ersten Mal in mein Büro geführt wurde. Ich war gerade zum Dozent ernannt worden. Mein Chef stellte sie vor, ich kannte sie davor nur aus den Unterlagen. Almira al Zaiidi, damals einunddreißig, hatte sich als angehende Mikrochirurgin in ihrem Heimatland Ägypten bereits einen Namen gemacht. Sie war bei uns, um im Rahmen eines dreimonatigen Praktikums unsere Techniken zu erlernen. Ich war von Anfang an von ihr fasziniert. Sie stammte aus Oberägypten, aus einer armen Bauernfamilie, und hatte von klein auf ihren Wunsch, Ärztin zu werden, hartnäckig verfolgt, unter mitunter schwierigen Umständen. Mit vierzehn hatte sie sich dem örtlichen Bürgermeister ausgeliefert, das war in dieser patriarchalischen Gesellschaft nicht ungewöhnlich für eine Frau, um vorwärts zu kommen. Der sorgte dafür, dass sie eine höhere Schule besuchen konnte. Den Sohn, den sie mit siebzehn von ihm bekam, konnte sie bei ihren Eltern auf dem Bauernhof unterbringen, die voll zu ihr standen, ebenso wie das ganze Dorf. Der Bürgermeister half mit Geld, denn in der nach außen sehr prüden Gesellschaft hatte er kein Interesse, dass sein Verhältnis mit dem Mädchen außerhalb des Dorfes bekannt wurde. Nach dem Abitur studierte Almira Medizin, begann sich für die Chirurgie zu begeistern und bekam schließlich eine Ausbildungsstelle im Universitätskrankenhaus. Bald schon war sie recht bekannt, sie war eine Schönheit, intelligent, klug, in ihrem Fach unglaublich gut und sehr wissbegierig. Das war auch der Grund, warum ihr Chef sie zu uns nach Deutschland geschickt hatte.“
… Obwohl die Nacht mittlerweile ziemlich fortgeschritten war, hingen Sandra und Marco an Burkharts Lippen, ungemein spannend war seine Erzählung.
… „Ich bin mit Almira ziemlich rasch vertraut geworden, wir fanden einander sehr sympathisch“, berichtete Burkhart weiter, „bereits beim ersten Abendessen erfuhr ich alles von ihr und ihrem Sohn, der damals bereits vierzehn war und auch Arzt werden wollte und auch die Unterstützung des ganzen Dorfes und des Bürgermeisters genoss. Almira erzählte auch, dass sie normalerweise ein- bis zweimal jeden Monat in ihr Heimatdorf fuhr und dort übers Wochenende kostenlos als Ärztin wirkte, sozusagen als Dankeschön für die Unterstützung, die ihr und ihrem Sohn zuteilwurde.“
… „Ja, diese Frau ist großartig, eine echte Persönlichkeit“, warf Clara ein, „sie war oft bei uns und ich schätze sie sehr. Unsere Zwillinge mögen sie auch. Eines Sommers hat sie für einen Monat ihren Sohn Majid mitgehabt, aber der hat sich bei uns nicht wohl gefühlt. Er hatte davor nur seine schulische Umgebung in Oberägypten kennengelernt und war mit dem, was er bei uns erlebte, schlichtweg überfordert. Er war nämlich bereits fast erwachsen, weshalb ihm die kiindliche Unbekümmertheit fehlte.“
… „Mir war das gar nicht so bewusst, aber meine liebe Frau erkannte bereits bei Almiras erstem Besuch, dass ich geneigt war, mit dieser exotischen Frau ins Bett zu hüpfen“, führte Burkhart weiter aus.
… Clara lachte daraufhin: „Natürlich, mein Liebster, habe ich das viel schneller erkannt als du selbst. Ich habe Burkhart dazu ermuntert, müsst ihr wissen, denn ich wollte sicherstellen, dass er auch seine Erlebnisse hat, nicht nur ich. Und hier war erstmals eine Frau, die ihn wirklich außerhalb seiner Ehe interessierte.“
… „Und bereits bei ihrem ersten Praktikum habe ich schließlich mit ihr gevögelt“, sagte Burkhart und schnalzte vernehmlich mit der Zunge, „ich war erst ihr zweiter Mann nach jenem Bürgermeister und das war irgendwie berauschend. Und ich scheine es nicht so schlecht gemacht zu haben, denn sie wollte das dann immer wieder. Aber sie hatte schreckliche Gewissensbisse wegen Clara, die sie ja bereits kennen- und schätzengelernt hatte. Das zeigte ihren positiven Charakter und sie war erst beruhigt, als sie mit Clara darüber sprechen konnte und als Clara einmal bei unserem Sex zugegen war. Almira ist danach regelmäßig alle zwei bis drei Jahre zu uns gekommen und ich habe sie in den neuesten mikrochirurgischen Techniken unterwiesen. Es war schon erstaunlich, wie schnell sie alles begriffen hat, und ich habe es durchaus vertreten können, sie öfters mitoperieren zu lassen. Das hat ihr immer viel bedeutet und sie glücklich gemacht.“
… „Und du kannst ergänzen, mein Liebling, dass du sie fast jede Woche gevögelt und damit mehr als genug für unsere Augenhöhe getan hast.“ Clara sagte das mit einem Augenzwinkern. Dann ergänzte sie noch: „Erzähl‘ zum Schluss noch von deinem Besuch in Kairo.“
… Burkhart sammelte sich kurz. Er hatte ja von allen am meisten Alkohol konsumiert, aber die Beschreibung seiner Beziehung zu der ägyptischen Chirurgin hatte bewirkt, dass er sich konzentrieren konnte. Also erfüllte er den Wunsch seiner Frau und hob an: „Vor drei Jahren war ich auf Einladung der ägyptischen Ärztekammer für einen Monat in Kairo an jenem Hospital, in dem Almira operierte. Ich hatte dort eine große Gruppe junger Ärzte zu schúlen, zwei Frauen waren immerhin dabei. Almira wollte, dass ich bei ihr wohnte. Sie hatte eine geräumige Wohnung im Herzen von Kairo. Ihr Sohn Majid lebte zeitweise bei ihr, er war mittlerweile fünfundzwanzig und beim Militär. Das ist in Ägypten für Männer auf lange Sicht die einzige Möglichkeit für ein vernünftiges berufliches Fortkommen. Er war im letzten Jahr seines Medizinstudiums, war Unteroffizier und sollte zum Leutnant befördert werden. Er wollte nach seinem Studium nach Europa oder in die USA gehen, aber das hing vom Militär ab, ob und wann es das zulassen würde.
… Ich hätte Clara natürlich gerne mitgenommen, aber für sie war es unmöglich, ihre Praxis einen Monat zu schließen. Vielleicht war das auch gar nicht so schlecht, denn ohne Clara konnte ich Almira in ihrem Heimatdorf enorm helfen. An zwei Wochenenden besuchten wir ihre Familie. Das war beide Male ein Ereignis, das das ganze Dorf auf die Beine brachte. Alle nahmen an, dass ich der neue Mann in Almiras Leben wäre, und ließen uns hochleben. Mit den meisten Leuten, auch mit Almiras Eltern, konnte ich nur kommunizieren, wenn Almira dolmetschte, denn praktisch niemand verstand Englisch, ausgenommen der Bürgermeister, mit dem ich mich leidlich unterhalten konnte. Der war mir gegenüber ziemlich verlegen, klar, er nahm an, dass ich Almiras zukünftiger Mann war. Und ich würde sie nicht als Jungfrau kriegen, wofür er letztendlich verantwortlich war. Treuherzig informierte er mich, dass es für so einen Fall mehrere Kliniken im Libanon gebe, die die Jungfernschaft wiederherstellen würden, aber das sei sehr teuer. Almira sei zwar der gute Engel des ganzen Dorfes, aber die gesamten finanziellen Möglichkeiten der Dorfgemeinschaft würden für einen solchen Klinikaufenthalt nicht ausreichen.“
… Sandra und Marco wussten zu jenem Zeitpunkt nichts über die Gepflogenheiten im muslimischen Raum, weshalb sie völlig erstaunt lauschten. Alles, was Burkhart erzählte, war neu für sie.
… Der fuhr nach einer kleínen Pause fort: „Ich habe versucht, ihn zu beruhigen. Die Jungfernschaft sei nicht so wichtig, habe ich ihm mitgeteilt. Ich weiß nicht, ob er mir das abgekauft hat. Aber als wir wieder in Almiras Wohnung in Kairo waren, hat sie sich bei mir bedankt, wie gut ich mich verhalten hätte und wie ihr Ansehen bei der Bevölkerung dadurch nochmals gestiegen sei. Sie hat mir erklärt, dass es für eine Frau in ihrer Gesellschaft nicht nur darauf ankommt, was sie im Beruf darstellt, sondern auch, wie ihr Lebenswandel ist. Wenn man das nicht respektiere, habe man als Frau keine Chance, aber sonst könne man eigentlich alles erreichen.“
… „Das scheint eine enorm interessante Frau zu sein“, meinte Marco, „die würde ich gerne kennenlernen, beruflich natürlich. Clara hilft ja mit bei unserem Konzept für Frauen in Führungspositionen.“
… „Und dein Konzept ist absolut Gold wert“, meinte Clara nun, „ich bin froh, Marco, dass du das bei Waldenfels initiiert hast. Aber nochmal zurück zu Almira, mein lieber Burkhart, hast du nicht vielleicht vergessen, unseren beiden Gästen zu sagen, dass du mit Almira praktisch täglich gevögelt hast, als du in jenem Monat in Ägypten warst?“
… Burkhart sah seine Frau an, etwas verlegen, wie Marco schien. Aber er zog sie an sich und küsste sie und sie ließ das geschehen. So schlimm konnte das also nicht sein. „Naja, nicht täglich“, sagte er schließlich, „und gar nicht, wenn wir in Almiras Dorf waren. Das wäre völlig unstatthaft gewesen.“
… „Wir können also zusammenfassend feststellen“, schmunzelte Clara nun zum Abschluss in die Runde, „dass die Augenhöhe in unserer Ehe durchaus gewahrt ist. Mein lieber Mann hat durchaus auch eine Affäre.“
… Die Uhr zeigte jetzt halb drei, die Cocktails waren seit anderthalb Stunden ausgetrunken und der Barmann hatte einmal Nachschub gebracht, jedoch nur für Burkhart und Marco, Clara hatte abgelehnt.
… Der beleibte Chef kam zu ihnen, offenbar hatte er einen siebten Sinn dafür, wenn Gäste aufbrechen wollten.
… „Rechnung wie immer.“ Burkhart schien jetzt etwas Schwierigkeiten beim Artikulieren zu haben, nachdem er nicht mehr im Schwung des Erzählens war.
… „Gewiss, Professor Millstedt“, beeilte sich der Chef zu sagen, „noch ein Abschlussdrink an der Bar gefällig?“ Er sah Claras ablehnende Haltung, gewahrte Sandra und ergänzte: „Verzeihen Sie, meine Damen, natürlich kein Drink, ich verstehe.“
… Für Burkhart und Marco gestaltete sich der Heimweg nicht einfach. Beim Verlassen des Lokals traf sie die kühle Nachtluft wie ein Hammerschlag. Ihre Ehefrauen halfen ihnen die Treppen hinunter auf den Gehsteig und brachten sie bis vor Claras Praxis.
… „Soll ich euch nach Hause fahren, Clara?“, fragte Sandra.
… Die lachte. „Nein, vielen Dank für deine Bereitschaft. Ich bringe meinen Mann in das Zimmer mit dem Doppelbett, das ihr auch gut kennt. Dort werden wir heute Nacht schlafen. Morgen werde ich meinen liebsten, vom Alkohol stark beeinträchtigten Mann nach Hause bringen.“
… Da musste auch Sandra lachen: „Ich habe auch so ein Exemplar hier bei mir. Ich wünsche euch eine gute Nacht und vielen herzlichen Dank für eure Einladung. Es war ein unglaublich gelungener Abend.“
… Clara lächelte ihr zu und verschwand mit ihrem Mann in der Praxis. Sandra führte Marco zu ihrem Sharan. Bereits Stunden zuvor hatte sie seine Autoschlüssel an sich genommen. Sie ließ ihren Mann auf dem Beifahrersitz einsteigen, dann ging sie ums Auto herum und erklomm etwas schwerfällig den Fahrersitz. Während sie den Wagen startete, stellte sie fest, dass Marco bereits eingeschlafen war.
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Heute (Freitag, 22. September 2023)
… Penny und Sandra sind bei mir und ich fühle mich auf gut bayrisch ‚sauwohl‘. Wir sitzen, wie nicht anders zu erwarten, im Arbeitszimmer unserer Wohnung. Ich habe heute letzte fachliche Hand an meine kommenden Vorträge gelegt und vorhin den 48. Teil unserer Geschichte fertiggeschrieben. Jetzt schauen sich die beiden Damen gemeinsam meine Ergüsse an. Ich liebe es, wenn beide gleichzeitig um mich sind. Als Penny mit den meisten unserer Kiinder über den Sommer in die USA gereist ist, war das für mich schon gewöhnungsbedürftig. Aber der Zustand ihres Váters ist sehr schlecht, er ist über sechsundachtzig, also ist das völlig okay gewesen. Jedoch hat er sich wieder etwas aufgerappelt, der Besuch seiner Tóchter und der Kjinder scheint ihm sehr gutgetan zu haben. Sandra und ich haben vor drei Wochen ein langes Telefongespräch mit Pennys Eltern geführt und haben diesen Eindruck bekommen.
… Im Moment bin ich still und blicke, in meinem Bürostuhl lümmelnd, auf meine beiden Grazien. Die sitzen mir gegenüber an Sandras Schreibtisch. Neben deren Stuhl, der das gleiche Fabrikat ist wie meiner, hat Penny einen weiteren platziert. Konzentriert schauen sie auf meinen Text, zwischendurch lachen sie jedoch und schäkern miteinander.
… Meine Gedanken schweifen zurück in den Sommer, den wir erlebt haben. Selten habe ich mit einem meiner Kiinder eine so intensive Erfahrung gehabt wie mit meiner Tocchter Sophia, das habe ich erst verdauen müssen. Aber wir beide, so glaube ich, haben das gut hingekriegt.
… Ich denke jetzt an jene unserer Kjnder, die vor einem neuen Lebensabschnitt stehen. Jonathan startet in zehn Tagen sein Studium in Klagenfurt. Er hat dasselbe Fach belegt wie Alexander vor einigen Jahren, nämlich Unternehmensmanagement. Heidrun, die ihm seit Ostern vorigen Jahres auf Schritt und Tritt folgt, wird dasselbe studieren, natürlich um möglichst viel bei ihrem Liebling zu sein.
… Ich habe Heidrun ins Gewissen geredet und ihr gesagt, dass sie das machen soll, was ihr Freude macht. Und sie hat erwidert, dass ihr am meisten Freude macht, wenn sie in Jonathans Nähe ist. Schließlich liebe sie ihn.
… Naja, da konnte ich nichts mehr dagegen sagen. Und genau genommen ist es ganz egal, was sie studiert. Sobald Jonathan den Waldenfels-Konzern übernimmt, wird sie die brave Unternehmersgattin zu spielen haben. Aber das ist ihr natürlich bewusst.
… Yannik hat den Aufnahmetest der Medizinuniversität in Graz bestanden. Er und Natalie waren bereits dort und haben eine kleíne Wohnung gemietet. Die Wahl eines geeigneten Studiums war für Natalie nicht leicht, aber für sie war völlig klar, dass es in Graz sein muss. Sie ist vielseitig begabt und auch technisch sehr geschickt, was sie gar nicht von mir hat, wie ich Penny gegenüber schon mehr als einmal lächelnd festgestellt habe. Sie kontert dann immer, ebenfalls lächelnd, ob ich irgendwelche Zweifel habe, dass Natalie von mir ist. Nein, natürlich nicht.
… Während ihrer Amerikareise hat Jonathan seiner künftigen Schwägerin in den Kopf gesetzt, bei Waldenfels zu arbeiten, also bei und mit ihm. Daraufhin habe ich Natalie zu einem Gespräch mit der Personalchefin mitgenommen und die hat ihr erklärt, welche Ausbildungswege besonders gefragt sind. Nach ein paar Tagen des Grübelns hat ihr Entschluss festgestanden, sie will Diplomingenieurin für Maschinenbau werden. Ich bin sofort begeistert gewesen, denn mehr Frauen in technische Berufe zu bringen, ist seit zwanzig Jahren auch eines meiner Anliegen.
… Alexander ist mit seiner Jana vor drei Wochen aus England zurückgekommen. Einige Tage hatten sie noch, dann musste Jana wieder nach Klagenfurt, um sich auf ihre Abschlussprüfungen vorzubereiten. Die werden im Dezember oder Januar sein. Alexander wird in einer Woche nach Toronto fliegen und dort das nächste Jahr über arbeiten und Jana wird nach ihrem Abschluss zu ihm ziehen. Davor wird sie zwei- bis dreimal für jeweils zwei Wochen nach Kanada fliegen, so haben wir das im Frühjahr vereinbart.
… Unsere Tóchter Valentina, die frischgebackene Mutter, wird in Kürze mit ihrer Masterarbeit beginnen. Für die Betreuung von Báby Marlene haben wir eine gute Lösung gefunden. Es ist gelungen, Jonathans frühere Kinnderfrau, die ihn praktisch von Geburt an betreut hat, zu reaktivieren. Sie ist zwar in Rente, hat sich aber bereit erklärt, in einem gewissen Umfang zur Verfügung zu stehen. Sie wird unsere Au-pair-Mädchen anlernen, die mit Säuglingen bisher noch keine Erfahrung gesammelt haben. Seit Anfang September haben wir ein neues Mädchen im Austausch erhalten, während Consuela um ein Jahr verlängert hat. Sie spricht mittlerweile sehr gut Deutsch und ist wirklich ein Gewinn für unseren Haushalt.
… Valentina hat monatelang überlegt, wovon ihre Masterarbeit handeln soll. Im Mai hat sie dann die Entscheidung getroffen, über die sogenannten ‚Silberhochzeitsscheidungen‘ zu schreiben. Dieses gesellschaftspolitisch relativ junge Phänomen zeigt sich an einer Spitze in der Scheidungskurve, die zwischen dem fünfundzwanzigsten und dem dreißigsten Ehejahr deutlich erkennbar ist. Offenbar sind es überwiegend Frauen, die sich in dieser Zeit scheiden lassen. Es gibt erste Ansätze für Erklärungen und auch Untersuchungen zu den Ursachen, aber eine systematische Aufarbeitung steht bislang aus. Valentina geht es auch darum, welche Gegenmaßnahmen man aus therapeutischer Sicht ergreifen kann. Wir werden sie dabei unterstützen, denn diese Thematik ist auch für meine Arbeit und meine Vorträge von hohem Interesse.
… Professor Rüdiger Schmitz, der frühere Mentor unserer verstorbenen Therapeutin Clara Millstedt, ist zwar mit seinen über achtzig seit zehn Jahren im Ruhestand, hat aber immer noch gewichtigen Einfluss in der Fakultät für Psychologie. Nachdem ich ihn angerufen und um seine Unterstützung gebeten habe, hat es keine zwei Tage gedauert, dann hat Valentina ihren Doktorváter gehabt. Wie zu erwarten war, ist es Rüdigers Nachfolger selbst, der diese Aufgabe übernehmen wird. Natürlich, ‚Vitamin B‘ hilft immer. Und ebenso natürlich ist, dass meine geliebte Ehefrau darüber nicht ganz so begeistert war, sie ist gegen ‚Vorteilsnahme‘, wie sie sich auszudrücken pflegt, aber erstens, wo gibt es die nicht, und zweitens, es geht um unsere Tocchter. Und da gelten sowieso andere Spielregeln, das ist auch Sandra sofort klargewesen.
… Übrigens betreut der Professor auch die Arbeit von Bettina, Valentinas bester Studienfreundin. Er hat geschmunzelt, als er ihre Themenwahl gehört hat, und gemeint, dass er etwas Derartiges noch nie in seiner wissenschaftlichen Arbeit hatte und sich darauf freue. Bettina wird über die ‚Penisangst‘ schreiben. Seit einem halben Jahr steht dieses Thema für meine Vorträge im kommenden Wintersemester fest, weshalb sie enorm viel Zeit in Recherchearbeit gesteckt hat. Es ist nur logisch, dass sie das, was sie als meine Mitarbeiterin erarbeitet hat, auch für ihr Studium nutzt. Deshalb hat sie einen ziemlichen Vorsprung vor ihrer Freundin und wird vermutlich ihre Masterarbeit einige Monate früher beenden können als Valentina.
… Bei ihrer Arbeit für mich wird Bettina übrigens Mitte Oktober Verstärkung kriegen. Ein junger Psychologiestudent, der jetzt ins dritte Semester kommt, wird zum Team stoßen. Da ich für den Auswahlprozess einfach zu wenig Zeit gehabt hätte, hat ihn die Personalchefin von Waldenfels durchgeführt, die ich vor zehn Jahren zusammen mit Paula eingestellt habe, wieder eine Frau in einer wesentlichen Führungsposition. Sie ist eine gute Freundin von uns geworden und einige der wenigen außerhalb unserer Familie, die über meine berufliche Haupttätigkeit, die ich unter einem Pseudonym ausführe, Bescheid weiß.
… Jetzt sind Sandra und Penny offenbar fertig geworden. Sie schauen mich an und grinsen, wie wenn sie etwas Geheimes abgesprochen hätten. Penny kommt zu mir, fasst meine Hand und zieht mich hoch. Ich lasse mich von ihr zum Bett führen, das gegenüber an der Wand steht. Dort setze ich mich, dann werde ich aufgefordert, einfach zuzusehen. Penny geht zu Sandra zurück und dann beglücken mich die beiden mit einer Stripshow, die es absolut in sich hat. Sehr zärtlich ziehen sie einander aus, sie küssen und streicheln und spielen mit der nackten Haut der jeweils anderen. Sandra und Penny haben nicht oft Frauensex miteinander, sie haben eigentlich kein Bedürfnis danach, und wenn sie das tun, geschieht das meist unter Hildegards Kommando und das ist dann für Beteiligte und Zuschauer sehr lustvoll.
… Ja, und das ist es jetzt für mich. Ich spüre die Wirkung in meiner Hose. Aber ich soll mich nicht rühren, ist mir von Penny bedeutet worden, also halte ich still.
… Die beiden Frauen streifen einander jetzt ihre knappen Slips ab und stehen sich nackt gegenüber. Penny streichelt die Brüste ihrer Freundin, während Sandras eine Hand Pennys Lippen streichelt und die andere in Pennys Schritt verschwunden ist. Nach kurzer Zeit beginnen sie mit intensiven Zungenküssen. Es ist deutlich zu sehen, wie ihre Zungen zärtlich und lasziv miteinander spielen.
… Gerade als ich versucht bin, meine Hose zu öffnen, denn es ist darin sehr eng geworden, beenden die beiden ihr Spiel und stellen sich vor mich hin, in nur einem Meter Abstand.
… ‚Mannomann‘, denke ich, ‚beide sind nicht mehr die Jüngsten, aber sie sehen großartig aus, meine geliebte Ehefrau und unsere ebenfalls geliebte beste Freundin.‘ Ich will meine Arme nach ihnen ausstrecken, aber Penny schüttelt den Kopf. „Nicht bewegen. Nur wir tun das.“
… Dann plötzlich, während ich sie noch anstarre und mich gar nicht sattsehen kann, kommen sie über mich. Ruckartig stoßen sie mich, sodass ich rücklings auf dem Bett zu liegen komme. Während Penny sich über mich beugt und mit ihrer Zunge meine Lippen zu liebkosen beginnt, widmet sich Sandra meinem Unterleib und öffnet meinen Gürtel. Sie zieht meine Hosen gerade so weit hinunter, dass mein bestes Stück herausschnellen kann.
… Was sie dann mit mir machen, ist Genuss pur für mich.
An unser verehrte Leserschaft: Der 49. Teil ist fertiggestellt und meine Frau hat gerade begonnen, Korrektur zu lesen. Das ist erst jetzt möglich, da unsere jüngére („Sophia“ in unserer Geschichte) heute achtzehn geworden ist. Die letzten Gratulanten sind verschwunden und die haben sich nun vertschüsst, um die Stadt unsicher zu machen.
Da der morgige Tag voll verplant ist, ab Nachmittag steigt Sophias „Vólljährigkeitsparty“, werden wir unsere Geschichte heute noch hochladen, wird aber noch ein wenig dauern.
Wie immer mit besten Grüßen von Kanzler + Frau + Anhang
An unsere verehrte Leserschaft: Mit dem 49. Teil wird es diesen Samstag leider nichts. Ich begleite meine Frau auf einer Dienstreise nach Spanien und Portugal, wir sind gerade im Hotel in Lissabon angekommen. Ihr Arbeitgeber, der in unserer Geschichte „Waldenfels-Gruppe“ heißt, ordnet einige Geschäftsbeziehungen zu hiesigen Lieferanten neu und es geht für diese auch um Exportförderungen. Deshalb hat Sandra auch einige Termine in Ministerien und bei denen wollte sie mich dabeihaben. Und um 7 Uhr hiesiger Zeit startet das erste Meeting hier im Hotel.
Außerdem ist unseren geschätzten Lesern ja bekannt, dass ich meine Frau allein nur reisen lasse, wenn es wirklich nicht anders geht, normalerweise bin ich mit dabei.
Außerhalb der Termine verbleibt wenig Zeit, deshalb bin ich nicht zum Schreiben gekommen. Wir kommen erst samstagabends zurück, aber nächste Woche sollte es besser sein. Da wird dann wieder an unserer Geschichte weitergeschrieben.
Ich darf jedoch auch noch ankündigen, dass ab 10. Oktober für mich das Wintersemester beginnt. Das bedeutet zwölf Reisen durch Europa und Nordamerika, auch Ras al-Khaimah und Ägypten sind im Programm (ich habe darüber vor etwa einem halben Jahr geschrieben). Und das bedeutet, dass ich es nicht immer schaffen werde, jede Woche eine neue Folge zu schreiben,
weist vorsorglich und mit besten Grüßen der Kanzler darauf hin
Es ist eine lange und spannende Geschichte. Danke.
Vielen Dank für die positive Rückmeldung.
Mit besten Grüßen vom Kanzler